Sunday 1 September 2019

Kapitel 9 | Den Moment umarmen - das Leben spüren. | Marokkanische Träume in der Sahara.



Habt ihr jemals das Gefühl verspürt, dass ihr vollkommen in diesem Moment seid, jetzt, lebend, atmend, einfach vollkommen da?

Ich sitze auf dem Höcker des Dromedars, fühle den warmen Wind, der mich umfließt wie ein rauschender Strom. Es hat 48 Grad. Ich fühle die Hitze auf meiner Haut, erblicke die endlose Landschaft aus Sand, aus Weite und aus Schwerelosigkeit, und merke, dass ich vollkommen im Moment bin. Vollkommen da. Jetzt. Lebend. Ich bin da, ich bin lebendig. Es ist ein unfassbares Gefühl, ein unvorstellbar weites Gefühl von Freiheit und Liebe zu mir und der Welt und ich merke, dass alles möglich ist. Ich sehe die Retrospektive meines gesamten Empfindens, meiner gesamten Odyssee, meiner Depression, meiner Leiden und meiner Lieben, bis ich in diesem vollkommenen, wunderbaren Moment angelangen konnte, und fühle mich einfach nur frei. Frei und grenzenlos.



Dass ich da bin, im Jetzt, in diesem gegenwärtigen Augenblick - dieses Gefühl verspürte ich zum ersten Mal mit 15, nachdem ich Das Kartengeheimnis von Jostein Gaarder gelesen habe. Hier erzählt ein Junge, der mit seinem Vater auf Weltreise ist, von diesem Gefühl. Er liegt im Hochbett, über ihm schnarcht sein Vater, es ist Nacht, und er kann nicht schlafen, weil er bemerkt, dass er wirklich da ist, so vollkommen da, und das alles möglich ist. Es ist ein überwältigendes Gefühl.
Aber mit 15 war ich dennoch nicht vollkommen frei. Ich empfand mich als lebend, aber ich empfand mich auch als in einem Käfig sitzend ohne die Möglichkeit, aus diesem Käfig zu entfliehen. Dem Käfig meiner eigenen Empfindungen. Dem Käfig meiner Depression.

Es war eine Odyssee von vielen Jahren, bis ins Erwachsenenalter, durch Leid und Qual hindurch und Enttäuschungen - selbst verschuldete und äußerliche - bis ich wirklich von mir sagen konnte, dass ich das Leben umarme. Das ich frei bin. Dass ich komplett da sein kann. Dass ich dieses Leben liebe.

Dass ich es geschafft habe, dass die Odyssee hin zu mir selbst nun abgeschlossen ist, das habe ich bewusst wahrgenommen, als ich auf einem Dromedar in der marrokanischen Wüste, in der Sahara ritt. Mit dem Wind um mich, mit mir in mir.

Auch deswegen werde ich diese Reise und dieses Land niemals vergessen. Auch deswegen ist meine Liebe zu diesem Land so unendlich groß. Und auch deswegen werde ich immer wieder zurückkehren. Denn dort habe ich erfahren, dass ich frei bin.
Dass ich es geschafft habe.
Dass alles möglich ist.

Viele von uns leben einfach so vor sich hin. Sie sind nicht in der Gegenwart, sie erkennen sich nicht und erkennen nicht das kostbare Geschenk, das dieses Leben ist. Wenn wir alle wirklich bewusst erfahren würden, dass wir am Leben sind, wie viel weniger Leid und Hass würde es auf dieser Welt geben? Dieses Leben ist ein Geschenk und ich würde mir wünschen, dass viel mehr Menschen dies erkennen und für sich annehmen würden.

Wenn DU dieses Gefühl des Vollkommen-Da-Seins noch nicht hattest, dann versuche dich darauf einzulassen. Versuche dir vorzustellen, dass du da bist. Höre die Stille in dir und um dich herum. Öffne dich für diese Erfahrung und du wirst überwältigt sein.





















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1 comment:

  1. Hi dear... this post is so lovely and the pics are so mesmerizing!!!

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